- Widmung der symphonischen Dichtung "Tapiola" -

Da dehnen sich des Westlands Wälder, uralt, geheimnisvoll in wilden Träumen, Waldgeister weben in dem Dunkel.

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Samstag, 27. März 2010

Kagemusha - Der Schatten des Kriegers (8/10)


Im Schatten Kurosawas

Von einigen Landsleuten als der westlichste aller japanischen Regisseure bezeichnet, galt
Akira Kurosawa lange Zeit mehr im Ausland als in Japan selbst. Merkwürdig, da er gerade im Westen als Vertreter des speziell japanischen Kinos gefeiert wurde. Und wirklich verstand er es beide Welten wie nur wenige in seinen Werken zu verweben. Immer wieder mischte er europäische Stoffe (Dostojewski, Shakespeare, die Western John Fords) und Erzählstil mit japanischer Ästhetik und Samuraikultur.

Mit seiner visuell und ästhetisch revolutionären Filmkunst beeinflusste er unzählige westliche Regiegrößen. Von "Die glorreichen Sieben" (nach "Die Sieben Samurai"), über "Für eine Handvoll Dollar", "Last man standing" (nach "Yojimbo") bis zum "Krieg der Sterne" regte er zu einer Reihe von westlichen Remakes an und beeinflusste maßgeblich die Darstellung von Massenszenen und Schlachten, von Dynamik und Bewegung im Film. Seine suggestive durchkomponierte Bild und Farbensprache, die organische Verbindung von Landschaft, Himmel und Erde und dem darin sich verlierenden, verschmelzenden Individuum, blieb bisher einzigartig in der Geschichte des Kino.

Die von Kurosawa porträtierten Menschen scheinen immer wieder einem unausweichlichem Schicksal ausgeliefert und offenen Auges rennen sie in ihr Verderben, unfähig der Katastrophe zu entgehen. Diesem Muster verleiht er in "Kagemusha" eine besonders bedrückende Intensität.
Das feudale Japan im 16 Jahrhundert, der geniale Heerführer Takeda Shingen triumphiert in vielen Schlachten und träumt davon in die alte Kaiserstadt Kyoto zu marschieren, um den Tenno zu zwingen ihn zum Diktator, zum Shogun ganz Japans zu erheben. Nichts und niemand scheint diesem Fürsten des Krieges bei der Verwirklichung dieses Zieles gewachsen zu sein, allein das Wissen um seine Präsenz treibt die feindlichen Krieger in die Flucht. Die Verkörperung des unbesiegbaren Samurai schlechthin. Doch dann passiert das Unfassbare, die einzelne Kugel eines Scharfschützen trifft ihn tödlich, der Vorbote einer militärischen Revolution, der Einführung der Schusswaffen. Die Berater des Fürsten sind bestürzt, denn sie wissen das nur die Person des Toten, sein legendärer Ruf als unbesiegbarer Feldherr, das Fürstentum vor dem Machthunger der anderen Daimyos schützt. Ohne den furchtbereitenden Namen würden rasch die übrigen Fürsten des Reiches über sie herfallen und sie vernichten (allen voran der von Ehrgeiz getriebene Nobunaga und der junge Ieyasu dem späteren Begründer des Tokugawashogunats). In ihrer Not versuchen sie einen genialen Schachzug. Sie nehmen einen Doppelgänger, einen Dieb der dem Fürsten verblüffend ähnlich sieht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten schlüpft er so perfekt in die Rolle des charismatischen Heerführers das selbst die Berater seiner herrschaftlichen Ausstrahlung erliegen. Der Geist den sie riefen, die Marionette, entwächst ihren Schöpfern und selbst auf dem Schlachtfeld erweist sich sein bloßer Anblick als siegentscheidend.

Doch letztlich steigt der Erfolg dem "Schatten" zu Kopf und er "stolpert" über das Pferd des Toten, das Tier lässt sich nicht täuschen, das Kartenhaus fällt zusammen.
In der gewaltigen Schlusssequenz kulminiert der Film schließlich in einer Symphonie des Untergangs und das mittelalterliche Heer, das feudale Japan versinkt im Feuer der Musketenkugeln. Das goldene Zeitalter des Samurais findet sein abruptes und blutiges Ende.

Dieses von Francis Ford Coppola und Stephen Spielberg produzierte Meisterwerk, einem der teuersten japanischen Filme bis heute, ist der Vorbote für den absoluten Höhepunkt in Kurosawas schaffen, der Apokalypse von "Ran".

2 Kommentare:

  1. In diesem Fall kann ich mich deiner Begeisterung nicht anschließen, Marald. ich halte Kagemusha sogar für einen der schwächsten Filme Kurosawas, siehe meine Rezension von vor 2 Jahren:

    "Kagemusha ist sicherlich ein beeindruckender Film, aber er beeindruckt in erster Linie durch das Material, durch Kostüme, Menschenmasse, Sets. Emotionalität und Faszination für die Entwicklung des Hauptcharakters blitzen viel zu selten auf, in den wenigen Szenen, in denen der Kagemusha sich in seiner Rolle beweisen muss. So wirkt das ganze Drumherum seltsam seelen- und konzeptlos; mit Ausnahme der finalen Schlacht scheinen die ganzen prächtigen Aufmärsche und Bilder weitgehend Selbstzweck zu sein."

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  2. Sei nachsichtig, diese Rezension ist schon ca. 7 Jahre alt und KAGEMUSHA war erst mein vierter Kurosawa (im TV Anfang der 90er) überhaupt. Damals ließ ich mich noch im weitaus stärkeren Maße von rein äußerlichem Blendwerk beindrucken. Mittlerweile ist mein erzählerischer Anspruch deutlich gestiegen, siehe meine Kritik von SWORD OF DOOM oder LADY SNOWBLOOD. Ich war nur zu faul, um diesen verschärften Ansatz nachträglich auch hier anzuwenden.

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