- Widmung der symphonischen Dichtung "Tapiola" -

Da dehnen sich des Westlands Wälder, uralt, geheimnisvoll in wilden Träumen, Waldgeister weben in dem Dunkel.

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Samstag, 27. März 2010

Millennium Actress (9,5/10)


Eine Reise durch das Jahrhundert des japanischen Kinos

Satoshi Kon ist einer der großen Regisseure des japanischen Anime. Bekannt wurde er im Westen durch den ungewöhnlichen Psychothriller "Perfect Blue" und das warmherzige Großstadtmärchen "Tokyo Godfathers". "Millennium Actress" lässt sich zeitlich genau zwischen diese beiden Meisterwerke einordnen und ist vielleicht das erzählerisch innovativste und experimentellste Werk Satoshi Kons.

In Zeiten der Dominanz der computeranimierten Blockbuster amerikanischer Trickschmieden (Pixar und Co) hat es der konventionell gezeichnete Trickfilm relativ schwer sein Publikum zu finden. Deshalb droht auch dieses Kleinod des Anime relativ leicht in Vergessenheit zu geraten. Das dies nicht geschieht (nicht geschehen darf) ist der außergewöhnlichen Qualität dieses Werks zu verdanken.
"Millennium Actress" ist einer der Filme für den der Zeichentrick erst erfunden worden scheint. Eine Explosion menschlicher Fantasie, die die Möglichkeiten des Mediums gekonnt ausreizt. Die Animation ist dabei nie Selbstzweck, sondern stellt sich stets in den Dienst der ungewöhnlichen Erzähltechnik des Films.

"Millennium Actress" erzählt die fiktive Lebensgeschichte der japanischen Schauspielerin Chiyoko von den dreißiger Jahren bis heute. Als junges Mädchen verliebt sie sich Hals über Kopf in einen jungen Dissidenten, einen Maler der auf der Flucht vor der Polizei bei ihr Zuflucht suchte. Am nächsten Morgen ist er fort und das einzige Andenken ist ein kleiner goldener Schlüssel, den sie fortan als Talisman bei sich trägt. Für den Rest ihres Lebens, durch alle Wirren der Zeitgeschichte, bleibt sie auf der Suche nach ihrer ersten großen Liebe. Und der goldene Talisman wird zum Schlüssel zu ihrer Erinnerung. Hört sich kitschig an? Ist es auch!

Diese Rahmenhandlung dient jedoch nur als Vehikel, um eine rasante Reise durch die Geschichte des japanischen Kinos zu beginnen. Von den Samuraiepen eines Kurosawas bis zu Trashperlen wie Godzilla, werden viele Filmgenres liebevoll zitiert. Natürlich wird der westliche Zuschauer nicht alle Anspielungen verstehen, dass ist aber auch gar nicht nötig um vom Zauber des Kinos gefangen zu werden. Bemerkenswert ist wie es gelingt die Rahmenhandlung mit den zitierten Filmen zu verflechten. Die Suche von Chiyoko nach ihrer großen Liebe verschmilzt mit den Stationen ihrer Filmkarriere zu einem fantastischen Bilderrausch. "Millennium Actress" führt den Zuschauer durch das Jahrhundert des japanischen Kinos, eine bildgewaltige cineastische Reise, die die inszenatorischen Grenzen des konventionellen Zeichentricks auslotet.

Den einzigen Kritikpunkt bietet die vielleicht etwas zu theatralisch geratene Rahmenhandlung, die aber ohnehin nur Mittel zum Zweck ist. Denn in Wirklichkeit ist dies nichts Geringeres als eine bedingungslose Liebeserklärung an das Kino. Ich kann den Film allen Cineasten nur ans Herz legen!

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