- Widmung der symphonischen Dichtung "Tapiola" -

Da dehnen sich des Westlands Wälder, uralt, geheimnisvoll in wilden Träumen, Waldgeister weben in dem Dunkel.

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Freitag, 26. März 2010

UTAGE NO ATO - Nach dem Bankett


Mishimas Bankett - Die Geschichte eines Irrtum

Mein besonderer Liebling unter den japanischen Autoren ist Mishima Yukio. Dieser äußerst faszinierende und zugleich abstoßende Autor verrannte sich in ein krudes nationalistisches Weltbild. Seine öffentlichen Auftritte waren stets konsequent durchgeführten Inszenierungen. Letztendlich zerbrach er aber an seinen inneren Dämonen, seinen politischen Wahnvorstellungen, seiner krankhaften Obsession für das Seppuku. Dann, im Zuge eines kläglich scheiternden Operettenputsches, machte er sein Leben vollends zum bizarren Kunstwerk, das folgerichtig mit dem dissonanten Schlusspunkt seiner öffentlich inszenierten (traditionell japanischen) Selbsthinrichtung endet. Die extreme Persönlichkeit Mishimas hinterlässt sicherlich einen zwiespältigen, ja abstoßenden Eindruck, aber unzweifelhaft ist auch das unerhörte Maß seiner Begabung.

"Nach dem Bankett" erzählt die Geschichte einer selbstbewussten lebenslustigen Frau mittleren Alters. Sie betreibt als eigenständige Unternehmerin mit großem Erfolg einen Gasthof. In ihrem Hause treffen sich viele bekannte Größen aus Politik und Wirtschaft (was im japanischen Filz ein und die selben Personen sind). Doch etwas fehlt, denn schon lange quält sie die Angst allein zu sterben, vergessen und ohne Familie. Der überraschende Heiratsantrag eines aus höheren Kreisen stammenden Gastes erscheint ihr wie die allerletzte Chance der Einsamkeit zu entfliehen. Insbesondere fühlt sie sich durch Kultur, Eleganz und sein weltläufige Auftreten angezogen. So willigt sie ein. Ihr neuer Ehemann, ein etwas älterer ehemaliger Minister, lässt sich von seiner Partei zur Kandidatur überreden. Um den teuren Wahlkampf zu finanzieren verkauft die Frau ihren gesamten Besitz und stürzt sich in denn Wahlkampf des Mannes. Zunächst kann sie mit großem Erfolg die Herzen der Bevölkerung erobern, dies gelingt ihr umso mehr, da sie selbst aus einfachen Verhältnissen stammt und deren Nöte und Ängste aus eigener Erfahrung kennt. In allen Belangen ordnet sie sich ihrem Ehemann unter, um dann mit Schrecken zu erkennen, dass er hinter steifen Ritualen und förmlichem Gehabe einen fantasielosen leeren Geist verbirgt. Als sie dies erkennt ist es zu spät. Der politische Gegner findet und nutzt, in kühler Berechnung, einen dunklen Makel ihrer Vergangenheit. Durch den ausgelösten Skandal geht die Wahl verloren und der Ehemann flüchtet in erhabene Lethargie, zieht sich ins Privatleben zurück. Ganz selbstverständlich setzt er voraus, dass die Ehefrau sich reuig an seiner Seite fügt, denn schließlich hat sie ja sein Debakel verursacht, hat seine Ehre verletzt. Als sie erkennt, dass ihr Leben fortan das eines alten Ehepaares sein wird, dass alle Hoffnungen und Träume auf ein ehrenvolles Begräbnis reduziert werden, bricht sie aus. Hinter dem Rücken des Mannes leiht sie Geld von ihren ehemaligen Kunden, scheut dabei nicht einmal den Kontakt zum politischen Widersacher und versucht so rücksichtslos ihr altes Gasthaus, ihr eigenes Leben zurück zu fordern. Noch ist sie nicht bereit eine alte Frau zu werden.

Dies ist die Geschichte eines Irrtums. Es bleibt die Erkenntnis das die öde Leere innerhalb einer Beziehung erdrückender wirken kann, als die Einsamkeit in Freiheit.

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