- Widmung der symphonischen Dichtung "Tapiola" -

Da dehnen sich des Westlands Wälder, uralt, geheimnisvoll in wilden Träumen, Waldgeister weben in dem Dunkel.

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Freitag, 26. März 2010

AI NO KAWAKI - Liebesdurst

 










Unstillbarer Durst

Mishima - ein grell strahlender Stern im Pantheon japanischer Literatur. Sein kompromissloser weltläufiger Stil beeindruckt durch meist wohl dosierte Theatralik und Klarheit. Immer wider erzählt er von Menschen in emotionalen Ausnahmesituationen und seziert gnadenlos ihre Schwächen. Liebesdurst, erstmals 1950 in Japan veröffentlicht, ist einer seiner frühen Romane. Wohltuend ist, dass er noch nicht in den zuweilen künstlerisch überambitionierten Manierismus seines Spätwerkes verfällt. Der Roman erreicht zwar auch nicht die Tiefe und Stilsicherheit einiger seiner Werke der mittleren Periode (z.B. des TEMPELBRANDES oder des BANKETT) ist aber dennoch ein eindruckvolles Zeugnis des schriftstellerischen Talents eines jungen Autors.
In LIEBESDURST knüpft Mishima einen klar verlaufenden Handlungsstrang, eine Tragödie die auf ein unausweichliches Ende zustrebt.

Etsuko, eine Frau noch nicht im mittleren Alter, langweilt sich im eintönigen Landleben des Japans der Nachkriegsjahre. Sie sehnt sich zurück in den lebendigen Trubel einer Stadt. Ihr untreuer Ehemann starb an Typhus und nun muss sie aus finanzieller Not bei der Familie ihres Mannes leben. Der Schwiegervater, ein wohlhabender, aber dennoch eher bäuerlicher einfacher Mann, nimmt sie sich als Geliebte, ein offenes Geheimnis der Familie. Sie gibt seinen plumpen Annäherungsversuchen eher aus einem inneren Phlegma heraus nach, aus purer Langeweile. Etsuko lässt sich treiben, badet im eigenen dumpfen Selbstmitleid, erträgt mit stoisch nach außen getragener Miene ihr Schicksal. Innerlich sehnt sie sich nach Abenteuer, nach irgendeiner Veränderung. Ein leichtfertiger arroganter nicht in jeder Beziehung sympathischer Charakter.
In Saburo, dem Gärtner des Hofes, findet sie schließlich ein Objekt auf das sie ihre Sehnsucht, ihre Wünsche projizieren kann. Der eher einfältige junge Mann fasziniert sie vor allem aufgrund seiner Jugend, seiner anziehenden Physis. So ist es vor allem die leidenschaftliche Gier nach Liebe, das körperliche Verlangen, das sie antreibt. Der junge Gärtner stößt sie jedoch zurück, verweigert sich ihren anzüglichen Blicken. Mit ihrem Begehren kann er nichts Anfangen, steht sie doch gesellschaftlich und intellektuell weit über ihm, ein Fremdkörper in seiner kleinen bäuerlichen Welt. Dennoch fühlt Saburo sich durch Etsukos Interesse geschmeichelt. Dann, als sie ihn in die Enge treibt, wird er zu einer verhängnisvollen Lüge gezwungen. Das gefährliche Spiel das Etsuko mit Saburo treibt gerät außer Kontrolle. Es kommt zur Katastrophe.
(Eine Kleinigkeit gibt es hier vielleicht zu kritisieren. Das vorhersehbare Finale setzt ein wenig zu sehr auf den rein plakativen Effekt und übertreibt dadurch unnötig die Theatralik.)

Trotz der sicher von einigen Lesern empfundenen Schwäche des dramatischen Finales, ist dieser Roman ein einfühlsames Porträt einer einsamen durch Hunger nach Liebe getriebenen Frau. Das Buch behält bis zum Ende seine emotionale Wucht. Für den Einstieg in das Werk Mishimas ist LIEBESDURST daher durchaus geeignet. Mein erstes Buch dieses Autors, das mich voll und ganz entflammte, war jedoch DER SEEMANN, DER  DIE SEE VERRIET und wer verrät schon seine erste Liebe?

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